Kürzlich haben Thomas und ich geheiratet. Auch nach 15 Jahren gemeinsamer Zeit war der Moment unseres bewussten JAs zueinander ein sehr besonderer und im Herzen tief berührend. Auf diesen einen Moment kann man sich nicht vorbereiten und das ist auch gut so.
Nach dem Heiratsantrag durchliefen wir einige Prozesse miteinander. Wir haben uns direkt darauf verständigt, dass wir alles in die Kommunikation bringen und besprechen, was uns bewegt und beschäftigt. Und, es war mehr als ich erwartet hätte. Eine Veränderung stand an, die im Außen gar nicht nach so viel Veränderung aussah. Es gab Erwartungen, es gab vereinzelt auch Enttäuschungen im Außen, da uns relativ schnell klar war, dass wir die Eheschließung nur für uns machen wollten, also zu zweit heiraten wollten. Die Feste sollten folgen, ganz entspannt. Und als wir klar hatten, wie wir es haben wollten, war es auch einfacher unsere Wünsche zu kommunizieren.
Wenige Tage nach dem Heiratsantrag dachte ich über den Namen nach. Es gibt in unserem Kulturkreis zum Glück so viele Wahlmöglichkeiten, so dass auch einfach alles so bleiben konnte, wie es war. Das wäre auch administrativ das einfachste gewesen. Als wir über einen gemeinamen Namen sprachen, bemerkte ich, dass Thomas irgendwie enttäuscht war, als ich anfangs sagte: Auf gar keinen Fall ändere ich meine Namen!!! (drei Ausrufezeichen). Ich bemerkte, dass ich hier eine recht “aufgeladene” Haltung hatte. Und ich weiß mittlerweile, dass “aufgeladene Energien” gegenüber einem Thema sehr viel weniger mit dem Thema oder der Sache zu tun haben, sondern mit etwas dahinter und tiefer Liegendem. Thomas wollte auch nochmals reflektieren, worüber er nun enttäuscht war, denn gleiches galt für ihn. Worum geht es uns wirklich? Es ging hier um Identitäten und Zugehörigkeiten. Wer war ich mit meinem Namen Brdar und wer wäre ich mit einem anderen Namen, ob Doppelname oder nicht, vieles war möglich. Mein Verstand hatte viele Ausreden gefunden, warum das alles nicht ginge. Schließlich hatte ich auch ein Buch publiziert (jawohl!), ich wäre “nur” unter Marijana Brdar zu finden und der ganze Aufwand produzierte gedanklich total viel Stress. Gedanklicher Stress ist konstruierter Stress, auch das war mir bewusst.
Nun denn, mit etwas Abstand war mir klar, dass die Ausreden nicht wirklich zählten und ich viel mehr am Thema Zugehörigkeit, Identität und meiner Autonomie nagte. Je länger ich auf das Thema schaute, desto weniger geladen war ich, die Energien klärten sich. In der Zwischenzeit meldete sich Thomas mit seiner Erkenntnis zurück, dass ihm daran lag, dass wir heirateten und nicht daran, ob ich seinen Namen mit übernahm. Es war ein wirklich spannender Prozess. Als wir beim Standesamt unsere Eheschließung anmeldeten und noch mit den Daten sehr flexibel jonglierten (wir wollte auf keinen Fall morgens vor 10Uhr beim Standesamt sein), kam die für mich weiterhin überraschende Frage auf: Haben Sie eine Entscheidung bezüglich der Namensführung getroffen? Ich antwortete sofort: Nein. Ich habe mich noch nicht entschieden! (Wieder mindestens ein Ausrufezeichen!) Intuitiv gab es da eine Stimme, die schon längst liebevoll zugestimmt hatte. Die Stimme der Unabhängigkeit und der Macht sprach in dem Moment lauter.
Zwischendurch erfreuten wir uns bereits über alle Alternativen, u.a. Thomas Brdar. Das wäre ja auch möglich, alles ist möglich. Nur, das klang für uns nicht stimmig. In diesem ganzen Möglichkeitsraum kam zunehmend Leichtigkeit und etwas spielerisches mit hinein. Es gab für mich drei Ebenen für meine Entscheidung.
Die erste ist: Unsere Verbundenheit sichtbar zu machen.
Die zweite hat etwas metaphorisches in Bezug auf unsere Namen. Brdo bedeutet im kroatischen “der Berg”. Von Brdar zu Sommerfeld habe ich den Berg hinter mir gelassen und stehe auf einem sommerlichen, bunten Feld voller Blumen. Das Sommerfeld ist leicht, weit und vielfältig. Der Berg steht kraftvoll hinter mir und gibt mir Kraft, er bleibt ein Teil meiner Zugehörigkeit, diese lässt sich nicht verändern, der Berg nicht versetzen. Beide Bilder vereint, sind total schön für mich. Zumal ich in vielen Meditationen und meinen Hypnoseerfahrungen immer wieder auf einem weiten Feld stehe, die Sonne scheint. Ein Sommerfeld. Sommerfeld ist in der Tat ein sehr klangvoller Name, was bildlich meine Entscheidung mit unterstützt hat.
Die dritte Ebene ist spiritueller Natur: Ich ändere meine Adresse, die Adresse, mit der ich nach außen in Erscheinung trete oder einen Teil davon. Es ist eine neue Erfahrung möglich, eine andere äußere Identität. Wie viel ändert sich im Innen? Nichts. Das innere Selbst bleibt gleich. Der Berg bleibt, auf dem sommerlichen Feld stehe ich nun und freue mich über die Liebe, das Leben und all seine Erfahrungen.
Wer bin ich? Ich bin.
Alles andere sind Geschichten.
Marijana in Köln, 17. Sep 2023